Sind wir noch mutig genug?

Wie oft habe ich, wenn ich als Produzent oder auch als Keynote-Speaker neue Konzepte vorgestellt habe, folgende Sätze gehört: „Toll, aber so neu muss es gar nicht sein.“ Oder auch: „Davon haben wir ja noch nie etwas gehört?“ Das ist das tatsächliche Problem von neu – es ist halt NEU. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der es wichtiger geworden ist einen Flopp zu vermeiden als einen Hit zu erstellen. Eine Gesellschaft, in der es hauptsächlich um die Vermeidung von Risiken geht und die alles unternimmt, um bloß keinen Fehler zu begehen.

Warum ist Mut kein Thema mehr?

Warum ist das so? Ist es, weil wir alle älter werden und der demografische Wandel mit einem verstärken Absicherungsdenken einher geht? Sicherlich spielt das eine Rolle. Auch die mediale Transparenz unserer Zeit führt zu einer überproportionalen Aufwertung von negativen Einschätzungen. Studien haben erwiesen, dass Menschen negative Nachrichten dreimal so stark bewerten wie positive. Das heißt, je mehr Information wir uns zuführen, je mehr wir wissen, desto stärker drängen sich uns negative Schlagzeilen und Ereignisse auf.
All diese Effekte führen zu einer Kultur in der ständig von Sicherheit gesprochen wird, aber das Wort Mut unterrepräsentiert ist und das Wort Risiko unter allen Umständen vermieden wird.

100% Sicherheit ist Stillstand

Natürlich bin ich für Sicherheit, aber wo ist die Grenze? Ich möchte nicht in der Haut von Politikern stecken, denn diese müssen sich für konkrete Grenzen entscheiden. Aber auch im Falle der Politik, versteht man ja schnell, dass es viel einfacher ist für mehr als für weniger Sicherheit zu plädieren. Grundsätzlich müssen wir uns wieder klar machen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt und wenn ja, dann bedeutet sie absoluter Stillstand. Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft und ich bin ein großer Vertreter von dem Begriff „sozial“, aber eine Marktwirtschaft ist immer noch ein leistungsorientiertes System. Und ohne Wettkampf, Wandel und Entwicklung funktioniert dieses System nicht. Doch Wandel und Entwicklung kommen nie ganz ohne Risiko.

Veränderung ist ein Mindset

Als Keynote-Speaker mache ich natürlich oft Gedanken darüber wohin die zukünftige Reise gehen soll? Wollen wir einem Umfeld leben, das geprägt ist von einem schleichenden Stillstand und in dem wir nach und nach von Anderen überholt werden? Glauben wir ernsthaft, dass es in 30 Jahren noch Verbrennungsmotoren geben wird? Veränderung ist keine Frage der Staatszugehörigkeit oder des Wirtschaftsverbundes oder der Ausbildung. Veränderung ist zuerst einmal eine Frage des richtigen Mindsets. Wollen wir auch in Zukunft wirklich noch erfolgreich sein oder reicht uns Stillstand auf hohem Level? Sind wir bereit Risiken einzugehen (auch außerhalb von Fußballwetten)? Wollen wir überhaupt etwas Neues? Verstehen wir, dass wir, wenn wir Veränderung suchen auch auf das Unbekannte treffen könnten? Wenn dieses Mindset, wenn dieses Fundament nicht gelegt wird, werden wir nur in äußersten Notfällen und nur unter großem Druck, quasi, wenn es schon zu spät ist, uns auf Veränderungen einlassen.

Mut ist Veränderung

Und deshalb ist Mut weniger die aktive Handlung, als zuerst die Bereitschaft sich mit Neuem und Unbekannten auseinanderzusetzen. Mut ist die Grundlage von Veränderung und diese beginnt nicht bei der Entwicklung von Ideen und Produkten, sondern Veränderung beginnt in unserem Kopf. Veränderung braucht Mut. Mut frei zu denken, Mut uns der Angst vor dem Neuem zu stellen und bereit zu sein Unbekanntes aufzugreifen. Oder modern ausgedrückt: wir müssen raus aus unseren heimeligen Komfortzonen.

Mut ist Leben

Natürlich ist es einfacher sitzen zu bleiben und einfach nur zu beobachten wie das Leben und die Dinge an uns vorbeiziehen. Risiko bedeutet Abenteuer. Doch wollen wir ein Leben ganz ohne Abenteuer? Wie langweilig. Sind wir wirklich nicht mehr bereit etwas zu wagen? Wir müssen ja nicht alle sofort wieder Indianer Jones oder Super Woman werden, aber es muss doch in unserem Leben immer ein wenig Platz für etwas Neues sein! Und selbst wenn einige von uns denken: „Mir reicht´s. Ich hatte genug Abenteuer in meinem Leben.“ Haben wir dann nicht die Verantwortung unseren Kindern und Enkelkindern auch ein bisschen von diesem Spaß am Neuen und Unbekannten zu gönnen? Wir können uns doch nicht all diese Freiheiten früherrausgenommen haben, ohne jetzt etwas von dieser Einstellung weiterzugeben?!