Warum fängt man manchmal an und hält durch und warum manchmal nicht? 

Wenn mir jemand 2015 jemand gesagt hätte, dass ich ab 2016 wieder jeden Tag trainieren würde (s. Laufblog Deuser rennt, Wettkämpfe über 800m und 1500m), dann hätte ich ihn oder sie mit Sicherheit gefragt, wie ich das denn organisatorisch als auch motivatorisch schaffen solle? Wo soll denn die Zeit herkommen und warum will man denn überhaupt jeden Tag trainieren? Genau das mache ich jetzt aber. Bis auf wenige geplante Ruhetage laufe ich jeden Tag. Und es gibt kaum einen Ruhetag, an dem nicht ein paar Kraft- oder Yogaübungen auf dem Plan stehen. 

Was treibt uns an?

Warum habe ich mich in dieses Projekt gestürzt und warum ziehe ich es immer noch durch? Ich glaube die Frage, warum ich, also Klaus-Jürgen Deuser, das macht, ist für jemand, der dies liest gar nicht so wichtig. (Antwort findet ihr im Post Scriptum.) Für spannender halte ich jedoch die Frage, was jeder Einzelne und auch Organisationen tun könnten, um neue Projekte zu starten, Veränderungsprozesse einzuleiten und sie auch durchzuziehen. Diese Fragen begleiten mich mein ganze Leben, weil ich einerseits nie bereit war zu glauben, dass man nicht noch einen Schritt weitergehen könnte oder dass es nicht noch eine weitere Idee gibt, die es lohnt umgesetzt zu werden und ich andererseits oft sauer war und bin, wenn ich Dinge eben nicht starte oder sie nicht lange genug durchziehe. Warum fängt man manchmal an, warum manchmal nicht und was lässt einen durchhalten?

Faktor 1 „Das Ziel“

Drei Faktoren habe ich ausgemacht, die ich für entscheidend halte. Erstens brauche ich ein Ziel. Dieses Ziel ist quasi die Starterbatterie oder Initialzündung. Der eigentliche Trick ist dieses Ziel so konkret wie möglich zu definieren. Wenn das Ziel zu schwammig ist oder zu groß ist, anfange ich entweder erst gar nicht an oder weiß nicht was die konkreten nächsten Schritte sind. Ziele wie: ich möchte erfolgreicher, fitter oder gesünder werden, sind nicht präzise genug. Aus solchen Zielen lassen sich keine Strategien ableiten. Viel einfacher sind klare Ziele wie zum Beispiel: ich möchte in 6 Monaten auf dem Bayreuther Stadtlauf die 10 km unter 60 min laufen oder ich möchte in 5 Monaten 10 Kilo abnehmen oder ich möchte in 2 Jahren ein eigenes Stand-up Programm fertig haben oder in 4 Jahren 175.000 Netto verdienen. Solche Ziele kann man in Pläne umbauen und starten. Ziele wie, ich möchte weltweit die Nummer Eins in was auch immer werden, klingen zwar schön und entsprechen auch dem Motivationsansatz „think big“, aber in der Realität klappt das einmal in 100.000 Fällen. Und in 99.999 Fällen eben nicht. Nicht falsch verstehen, ich träume immer noch davon irgendwann mal Weltmeister zu werden, aber das Ziel, das ich mir gesetzt habe lautet: ich möchte 2020 bei den World Masters Athletics in Toronto  starten und alles geben. So klein ist dieses Ziel ja auch nicht, aber wenn ich alles nur von der Platzierung abhängig machen würde, hätte ich schon längst aufgehört. Deswegen: hört nicht auf groß zu träumen, aber wenn man wirklich anfangen möchte, hilft es ein klein wenig realistischer zu sein. Das Ziel kann man ja immer noch erweitern. Aber ohne ein klares Ziel beginnt man niemals.

Faktor 2 „Routinen“

Die Arbeit, das Training, die Enthaltsamkeit oder das Schreiben oder das Denken muss zu einer täglichen Routine werden. Auch zu diesem Thema gibt es viele schlaue Beiträge und Bücher (s. the power of habit). Jerry Seinfeld hat in einem Film (ich glaube es war „comedian“) beschrieben, wie mal aus dem Fenster die Müllabfuhr beobachtet hat und er sich gefragt hat, warum sie an festen Zeiten arbeiten und er nicht. Und er hat keinen Grund gefunden warum er nicht an 5 Tagen der Woche jeden Morgen zumindest 4 Stunden schreiben könnte. Seitdem setzt er sich morgens um 8:00 an den Schreibtisch und schreibt. Mir war schon früher klar, dass es ohne Routinen und einem gewissen Maß an Disziplin nicht geht. Aber nur weil man es weiß, heißt das ja nicht, dass man es auch macht. Damit sind wir aber auch bei der spielentscheidenden Frage angekommen: was lässt mich denn jetzt durchhalten und was hilft mir diese Routinen aufzubauen?

Faktor 3 „Missionstatement“

Den dritten Faktor könnte man als den persönlichen Wertekatalog oder auch als Missionstatement beschreiben. In meinen Vorträgen fordere ich Menschen und Unternehmen auf mutiger zu handeln. Aber Mut ist etwas, das genauso wie Durchhalten auf Werten basiert. Ich starte EINMAL, weil ich vielleicht EINMAL mutig bin oder EINMAL einen sehr starken Traum habe, aber ich halte nur durch und bin auch während meines Projektes nur dann fortlaufend mutig, wenn dass, was ich mache, für mich einen Sinn ergibt und Teil meiner Mission ist.  

Komplizierte Welt

Oft empfinden wir unsere Welt deshalb so kompliziert, weil unserer grundsätzlicher Wertekatalog nicht mehr automatisch von Staat, Religion oder Familie festgelegt und uns von klein an eingetrichtert wird, sondern weil wir, das heißt sowohl einzelne Menschen als auch Organisationen, selbstverantwortlich diese Wertekataloge aufbauen müssen. Ich kann Menschen verstehen, die in Religionen ihr Glück finden oder Menschen, die nach einfachen Lösungen gieren oder gerne wieder so wie früher leben möchten. Ich glaube nur, dass es wir uns mit der Welt auseinandersetzen müssen, in der wir leben und nicht mit der, die wir gerne hätten. (Die müssen wir erst schaffen.)

Was ist uns wichtig?

Diese Werte aufzustellen ist enorm schwierig. Nicht ohne Grund gab und gibt es Philosophen, deren Job es ist sich ein Leben lang mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Vielleicht schaffen wir nicht Ideen und Gedanken ähnlich perfekt zu formulieren, aber wir können schon aussprechen, was uns wichtig ist. Trete ich auf, weil ich berühmt werden will oder weil ich etwas erreichen möchte oder weil ich mich verwirklichen möchte? Laufe ich, weil ich mich bewegen will, weil ich bei Rennen antreten möchte oder weil ich mit anderen Menschen etwas gemeinsam erleben will? Geht es mir ums Gewinnen oder um Rekorde? Wie sieht es mit meiner Karriere aus? Ist Geld mein alleiniger Antrieb oder ist Geld für mich Macht oder ein Mittel meine Lebensziele zu erreichen? Wenn ja, was sind meine Ziele? Ähnliche Ansätze gelten auch für Unternehmen. Was ist der Unternehmensgrund? Gewinnmaximierung um jeden Preis? Oder greift man Verantwortung für Gesellschaft und Mitarbeiter auf? Wie wichtig sind Werte wie Loyalität, sozialer Frieden? 

Klare Missionstatements

Meiner Beobachtung nach zeichnen sich erfolgreiche Menschen und Unternehmen dadurch aus, dass sie ihre Werte und Missionen ausgesprochen und definiert haben. So wie man seine Ziele konkretisieren sollte, um Strategie ableiten zu können, so sollte man auch das, was einen antreibt, die Mission eines Projektes oder die eines Unternehmens aussprechen und festlegen. 

Unklare Missionstatements

Oft tun wir dies nicht, weil uns dieser Ansatz entweder zu selbstverständlich erscheint oder wir uns nicht trauen, weil wir glauben unser Missionstatement oder unsere Werte in literaturnobelpreiswürdigen Worten präsentieren zu müssen. Diese Angst sollten wir ganz schnell ablegen. Es geht nicht hat darum, das Werte gut klingen, sondern dass wir uns über sie erst einmal im Klaren werden. Ähnlich wie wir die Ziele jederzeit erweitern können, können wir auch die Mission und unsere Werte immer mehr auf den Punkt bringen. Aber wenn wir sie erst einmal notiert haben, können wir auch über sie diskutieren und sie später auch noch schärfen. (Vielleicht sollte die SPD dies auch mal tun…)

P.S.: Was treibt mich an

Ich habe nach über 30 Jahren und einer 10 jährigen Laufpause wieder mit dem Wettkampftraining begonnen, weil ich ganz einfach noch einmal auf großen internationalen Wettkämpfen, wie den Senioren Leichtathletik Weltmeisterschafen starten wollte. Und ich habe mich dabei auch bewusst für 800m und nicht für den üblichen „Marathon“ entschieden. Ich habe in der Anfangszeit durchgehalten, weil ich es mir und auch allen die es hören und nicht hören wollen, zeigen wollte, dass man egal wie alt oder jung man ist, manchmal das sollte, was einem Spaß macht und nicht was andere für sinnvoll und altersgerecht halten. Schließlich ist es MEIN Hobby und MEINE Entscheidung.

Und jetzt ich halte durch, weil ich es genieße richtig zu „rennen“ und ich nach jedem guten Training das Gefühl habe dem Alter und festgefahrenen Denkweisen ein kleines Schnippchen geschlagen zu haben 😉