Málaga 2018 – ein großes Projekt ist zu Ende gegangen.
Vor zwei Jahren (Sommer 2016) habe ich mir vorgenommen 2018 auf den World Masters Athletics (Senioren-Weltmeisterschaft) in Málaga nach 34 Jahren wieder die 800m und 1500m zu laufen. Und irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft. Noch nicht ganz so schnell, wie ich es mir vielleicht gewünscht habe, aber dafür habe ich erheblich mehr erlebt, als alles, was ich mir damals so vorgestellt habe.

World Masters 2018
Zeiten und Platzierungen
Die 800m bin ich in 2:19,35 gelaufen und habe es damit von 71 Startern immerhin als schnellster Deutscher bis in Semifinale geschafft. Hätte ich meine avisierte Zeit von 2:14 geschafft, wäre ich sogar ins Finale gekommen. Da komme ich aber noch hin ;).
Die 1500m bin ich dann auch noch gelaufen, auch wenn ich es eigentlich noch nicht wollte. Aber wenn man schon mal gemeldet und akzeptiert ist, dann muss man es auch wagen. Bin mit 4:58,38 ins Ziel gekommen. Stolz und enttäusch zugleich. Stolz, weil ich mich getraut habe. Enttäuscht, weil das nicht die Zeit war, die ich geplant habe. Dummerweise habe ich aber die ersten 1000m so getrödelt (3:22), dass ich keine schnellere Zeit mehr geschafft habe. Und wenn ich mal ehrlich sein darf: mein oberes Quäl- und Kampflevel war auch erreicht. Aber – und das ist die gute Botschaft – grundsätzlich wird das meine Strecke. Macht noch ein wenig mehr Spaß als die 800m.

Semifinale 800m
Das Beste
Gut, und damit kommen wir zu den rein positiven Erlebnissen und Erfahrungen. Du konntest spüren wie die Stimmung auf den Tribünen von Tag zu Tag immer besser wurde. Alle wurden entspannter und freuten sich immer ausgelassener über die großartigen Leistungen und permanenten Fotosessions mit irgendwelchen Athleten und Athletinnen aus allen Ländern dieser Welt.
„Hey, you are from Germany?” „Yes“ „Can we take a photo?“ „Of course!“ „Where you from?“ „Chile“ „Cool, what’re you running.” “Oh, I´m here just for holiday, but everyone is taking photos.” “OK….”
Das aller Beste
Der Callroom. 30 Minuten vor deinem Start musst du dich im sogenannten Callroom einfinden und wartest, dass du dann gemeinsam ins Stadion geführt wirst. Unfassbar wie nervös alle waren. Da stehen erwachsene Männer freiwillig zusammen und wissen, dass sie gleich leiden. Und doch fast alle hatten ein Lächeln im Gesicht. Da stehst du mit so vielen verschiedenen Menschen aus der ganzen Welt zusammen und denkst: „Wie geil ist das denn. Überall gibt es ein paar Bekloppte, die ihren Tagesablauf so organisieren, dass sie entgegen aller Erwartungen und Lebensgewohnheiten sich die Spikes anziehen und versuchen die Biologie des Alters zu überwinden. “Und wie wir sie überwinden! Auch die Kommunikation war lustig. Zuerst waren es nur zaghafte Versuche miteinander zu reden, doch schnell folgte die Erkenntnis, dass es egal ist, wie gut dein Spanisch oder Englisch ist, letztendlich haben alle dieselben Gedanken im Kopf: „Lass es anfangen. Lass es aufhören. Bitte, ich möchte mich nicht blamieren. Und der ist bestimmt nett, aber ich wäre schon gerne schneller als er.“ Danach hast du jeden der Läufer zwei Mal alles Gute gewünscht, bis du gemerkt hast: wir zwei hatten das schon.

aus dem Callroom entlassen
Kurz eine statistische Information
Am Samstag gab es von morgens 9:00 bis abends (20:55) (3 Stunden Mittagspause) nur Vorläufe über 1500m. So viele Läufe habe ich echt noch nicht gesehen. Männer und Frauen immer abwechselnd. Von M 85+ bis M 35. Bin jetzt beim Zählen wieder durcheinandergekommen, aber es waren um die 80 Vorläufe. Absolut beeindruckend.
Der beste Tag
Der beste Tag war natürlich der letzte Tag. Um 9:00 starteten parallel der Halbmarathon und die Endläufe über 1500m. Der Sieger, ein Kenianer M 40, kam mit 1:07 ins Ziel. Nicht schlecht. Wurde aber dann kurz mal disqualifiziert, weil er die Fahne hochgehalten hatte. (Der Deutsche auf Platz 4 M 35 auch.) Aber auch dieses Thema hat sich wieder in Wohlgefallen aufgelöst. Cool war, dass auf der eigentlichen Bahn die 1500m Läufe stattfanden und außen um die 8 Laufbahnen eine extra Bahn für die Zielrunde des Halbmarathons eingerichtet wurde. Ich war mir zuerst nicht sicher, ob dass sich nicht gegenseitig stört, aber ganz im Gegenteil. Es führte zu einer permanenten Aufregung im Stadion, die zumindest für die Zuschauer voll ansteckend war. Weil aber so viele Leute beim Halbmarathon gestartet sind und die meisten Teilnehmer die Wettkämpfe auch mit einem Urlaub in Málaga verbunden haben, haben sie auch alle 1-2 Begleitpersonen mitgebracht und die waren alle im Stadion. Somit war das Stadion mehr als gut besucht und es war auch mit genauso vielen unterschiedlichen Menschen und Sprachen versehen wie Athleten/innen unterwegs waren. Und ich darf sagen, niemand hat so laut gebrüllt wie die Chilenen. (Oh man, waren die laut.)

das Stadion
Kleine Geschichten
Es gibt noch so viele kleine Geschichten, die ich erzählen möchte und könnte, aber ich muss erst mal meinen Kopf sortieren. Meine Lieblingsgeschichte habe ich leider nicht live gesehen, sondern nur als Video, dass meine Frau aufgenommen hat. Hochsprung M 70 oder M 75. Qualifikation. Mann springt locker drüber und reißt die Latte als er drunter durchkrabbeln wollte. Ich musste so lachen. Aber natürlich hat er es später geschafft (und gewonnen.)
Weltrekorde und große Leistungen
Und um das einmal ganz klar zu sagen: hier waren absolute Spitzensportler am Start. Mal ein Auszug der Weltrekorde, die in Málaga gelaufen und erzielt worden sind:
- Zehnkampf M 50 – Thomas Stewens (GER) 8068 pts. Der ist die 1500m noch mal in 4:59 gelaufen…
- 100 W 65 Karla Del Granda (CAN) 14,04
- 400m M 70 Charles Allie (USA) 57,26
- 5000m W 80 Yoko Nakano (JPN) 24:40,14Und dann noch großartige Laufleistungen über 1500m
- 1500 W 50 Eva Trost (GER) 4:38,80
- 1500m M 50 die ersten 5 zwischen 4:16 und 4:18
- 1500m M 70 Hans Smeets (NL) 5:14,4

1500m M55
Hat sich der ganze Stress gelohnt?
Natürlich. Aber leicht war es nicht. 2 Jahre habe ich echt hart trainiert. Ich war locker 4 Monate so verletzt, dass ich nicht laufen konnte und die letzten 7 Monate habe ich immer noch Kleinigkeiten mit mir rumgeschleppt. Eigentlich war ich erst die letzten 4 Wochen (fast) verletzungsfrei. Zusätzlich musste ich viel mit mir diskutieren und mich immer wieder motivieren, um durchzuhalten. Aber so ist es nun mal. Wenn du etwas besonders leisten willst, kommst du an Arbeit nicht vorbei. Und natürlich wollte ich auch noch etwas schneller laufen und habe den Aufwand sicherlich unterschätzt, den ich leisten musste. Aber manchmal muss man auch einer Idee einfach mal nachgehen und starten. Aber ich habe es geschafft. Ich bin nach 2 Jahren Training 800m und 1500m bei den World Masters Athletics gelaufen und habe es einmal sogar schon ins Semifinale geschafft. Jetzt bin ich glücklich und ein wenig traurig, dass es vorbei ist. Aber nur das Projekt Málaga ist vorbei. Jetzt werden 10 Tage Pause eingelegt, ein bisschen Tennis gespielt und dann geht es weiter. Im nächsten Jahr steht die EM in Venedig an. Da war ich als einziger meiner ganzen Familie noch nie und dann geht es hoffentlich 2020 nach Toronto.
Knacki rennt und ihr hoffentlich auch…

Goodbye Málaga – hello Toronto